Ella erzählt von ihrer Kindheit in den 80er Jahren. Die Familie wohnt in einem kleinen Ort im Hunsrück, die Großeltern väterlicherseits im leben im selben Haus. Schon früh in der Geschichte wird klar, daß die zu Anfang 6 jährige Ella, aus deren Sicht der Roman hauptsächlich geschrieben ist, alles andere als eine idyllische Kindheit hat.
Der Vater ist der Ansicht, dass sein beruflicher und privater Misserfolg nur darauf zurückzuführen ist, dass seine Frau übergewichtig ist. Und das lässt er sie jeden Tag verbal spüren.
Dieses Buch ist auf eine brutale Art und Weise fesselnd. Ich konnte es kaum aus der Hand legen, gleichzeitig fand ich die jahrelangen, psychischen Übergriffe des Vaters gegenüber der Mutter grausam und kaum zu ertragen.
Die Kapitel aus der Sicht des Kindes Ella wechseln sich ab mit kurzen Texten der erwachsenen Ella, die eine analysierenden Blick auf ihre Eltern hat.
Die kleine Ella jedoch ist mit der Situation in der Familie überfordert, kann das Verhalten des Vaters nicht einordnen. Der Einblick in die Gefühlswelt eines Kindes, das zwischen die Fronten einer Ehekrise gerät ist berührend und herzzerreißend.
Das Verhalten der Mutter ist aus unserer heutiger Sicht nur schwer nachzuvollziehen. Ein selbstbestimmtes Leben war ihr die meiste Zeit nicht möglich, als sich jedoch eine Chance ergeben hat, konnte sie sich nicht sofort aus der toxischen Beziehung lösen.
Bei dieser Autofiktion, einer Mischung aus Fiktion und Autobiografie bleibt offen ob sich hinter der Erzählerin die Autorin selbst verbirgt, was am Ende jedoch keine Rolle spielt. Die Themen und das Verhalten der Protagonisten sind zeitlos und übertragbar auf so viele andere Familien, leider auch noch heute.
Ein großartiges Buch, für mich das Highlight des Jahres.
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Autorin: Daniela Dröscher
Erscheinungsdatum: 18.08.2022
Verlag: Kiepenheuer&Witsch
ISBN: 978-3-462-00199-0